Das heute im Zentrum der Stadt Elsterwerda gelegene, etwa 200jährige Haus hat mit Sicherheit eine sehr bewegte Geschichte hinter sich. Wer es aber erbaut hat, wer es
in der langen Zeit alles bewohnte oder wie es genutzt wurde, ist nicht mehr nachvollziehbar.
Nur für die zweite Lebenshälfte gestattet uns das alte Haus einen Einblick in seine Vergangenheit. Als es erbaut wurde, vermutlich um 1750/60, war Elsterwerda einem Gutsherren untertan, es war ein
kleines Ackerbürgerstädtchen mit etwa 1.000 Einwohnern. Da Elsterwerda inmitten einer waldreichen Gegend lag, in der sich auch Lehm- und Tonlager befanden, entsprach die Bautradition dem soliden und
einfachen Fachwerkbau. So wurde unsere heutige "Kleine Galerie" ehemals als typisches Ackerbürgerhaus im Fachwerkstil errichtet. Neben seiner heutigen Nutzung vermittelt es unserer Generation
eine Vorstellung über die damalige Bauweise und erfüllt somit eine historisch wichtige Funktion.
Ackerbürger gehörten in dieser Zeit nicht zu den ganz armen Einwohnern. So repräsentierte das alte Fachwerkhaus schon einen gewissen Wohlstand. Wenn auch über seine ersten Bewohner nichts bekannt
ist, kann man aber die Raumordnung des Hauses noch erahnen. In der unteren Etage befand sich rechts neben dem Eingang die gute Stube, links die Küche und dahinter die Elternschlafstube. Die oft
zahlreichen Kinder waren in den Räumen der oberen Etage untergebracht. Über die Größe und die Anordnung der Stallanlagen und Nebengebäude für Stroh und Futter kann man heute nur noch Vermutungen
anstellen.
Ab 1886 nutzte Klempnermeister Gustav Wilhelm das karreeförmige Grundstück in der Hauptstraße 29. Um 1890 errichtete er direkt an der Hauptstraße ein großes Wohn- und Geschäftshaus. Das kleine, alte
Haus diente als Auszugshaus, Lager und Schlosserei. Gehandelt wurde mit Haus- und Küchengeräten wie Emaillewaren, Petroleumlampen u.ä. Das Grundstück wurde an der Rathausstraße durch eine hohe Mauer,
in der sich ein Tor befand, abgeschlossen. Das Klempnergeschäft wurde 1920 von Richard Wilhelm übernommen.
In Auswirkung des 2.Weltkrieges wurde das Wohn- und Geschäftshaus 1945 völlig zerstört und abgetragen. Das Grundstück wurde nun durch Reste des Wohnhauses und die
Mauer an der Rathausstraße eingefriedet. Klempnermeister Kurt Horn führte das Gewerbe bis Ende der 70er Jahre im Fachwerkhaus weiter. Das Haus zeigte sich in dieser Zeit in einem sehr kläglichen
Zustand. 1971 wurde der Rat der Stadt Elsterwerda Miteigentümer des Grundstückes. 1978/79 entschlossen sich die Stadtväter, diesen doch sehr beträchtlichen Schandfleck der Stadt komplett zu
entfernen.
Wir müssen heute Georg A. Kuhlins, Dr. Gustav Bekker, Walter Huke und Eberhard Matthes danken, dass dies nicht geschah. Sie setzten sich für die Erhaltung und Rekonstruktion des Fachwerkhauses ein.
In Abstimmung mit der Denkmalpflege beschloss die Stadt Elsterwerda, das Umfeld zu beräumen und das baufällige Fachwerkhaus zu erhalten.
Ein Nutzungskonzept lag zu dieser Zeit noch nicht vor. Auch gab es Probleme, einen Betrieb zu finden, der in der Lage war, das Haus fach- und stilgerecht zu restaurieren. Es wurde aber eine Lösung
gefunden. Die finanziellen Mittel wurden von den Elsterwerdaer Betrieben im Rahmen der territorialen Rationalisierung bereitgestellt. Handwerker verschiedener Unternehmen der Stadt restaurierten in
Feierabendtätigkeit das Gebäude. Viele Bürger der Stadt halfen durch Schenkungen bzw. durch ihre Arbeitskraft bei der Restaurierung. Die Rekonstruktionszeichnungen wurden durch die
Kreisdenkmalspflege bereitgestellt. Die Arbeiten begannen 1978.